Neustart im Kindergarten

Beruflich noch einmal ganz von vorne anzufangen, ist mutig. Aber es lohnt sich, betonen Silvia Otten und Mandeep Singh, die jetzt ihre Ausbildung als Erzieherin bzw. Erzieherin am Berufskolleg Kleve abgeschlossen haben.

Silvia Otten und Mandeep Singh sind nach ihrer Umschulung nun staatlich geprüfte Erzieherin und Erzieher. Ihr neues Berufsfeld bietet vielseitige Arbeitsmöglichkeiten im sozialpädagogischen Bereich – und für die beiden vor allem endlich Zufriedenheit im Job.

Silvia Otten und Mandeep Singh sind nach ihrer Umschulung nun staatlich geprüfte Erzieherin und Erzieher. Ihr neues Berufsfeld bietet vielseitige Arbeitsmöglichkeiten im sozialpädagogischen Bereich – und für die beiden vor allem endlich Zufriedenheit im Job.

12 Jahre lang hat Silvia Otten in ihrem alten Beruf als Industriekauffrau gearbeitet. Sie kannte die Abläufe im Betrieb blind, hatte nette Kolleginnen und Kollegen sowie ein sicheres Einkommen. Doch irgendwas fehlte der 34-Jährigen: „Meine damalige Tätigkeit war stark auf wirtschaftliche Ziele ausgerichtet. Ich habe jedoch gemerkt, dass ich langfristig in einem Umfeld arbeiten möchte, in dem die Förderung und Begleitung von Menschen im Mittelpunkt steht.“ So entschied sie sich vor drei Jahren, noch einmal komplett neu zu starten und die Ausbildung als Erzieherin zu beginnen, die sie nun an der Fachschule für Sozialpädagogik am Berufskolleg Kleve erfolgreich abgeschlossen hat. 

Diese Entscheidung zu treffen, war ein Prozess. Otten hat sich bei der Arbeitsagentur beraten lassen, sich mit Freunden und Familie ausgetauscht und berufsbegleitend eine Zusatzqualifizierung zur Tagesmutter absolviert. „Nun war ich mir zu 100 Prozent sicher, dass der richtige Weg für mich die Ausbildung zur Erzieherin ist.“ Ein halbes Jahr arbeitete sie dann als Inklusionskraft, um die praktische Berufserfahrung, die für den Beginn der Erzieher-Ausbildung vorgeschrieben ist, nachweisen zu können. Dann ging es ans Berufskolleg Kleve zurück in die Schule. „Die Umstellung war schwierig. Ich musste wieder im Lernprozess einfinden, Arbeit und Schule kombinieren und nebenbei ja auch noch einen eigenen Haushalt führen. Mein Freund und meine Familie haben mich von Anfang an unterstützt und in unserer Klasse entwickelte sich auch eine gute Gemeinschaft.“ Dank der Umstellung des Berufskollegs Kleve auf die Praxisintegrierte Form ist die Ausbildung nicht mehr rein schulisch, sondern umfasst eine Arbeitszeit von mindesten 18 Wochenstunden in einer sozialpädagogischen Einrichtung. Dadurch werden von Beginn an Praxiserfahrungen gesammelt und es gibt eine Vergütung. Ähnlich wie im dualen System findet die praktische Ausbildung an drei Tagen in einer sozialpädagogischen Einrichtung statt und wird durch zwei Unterrichtstage begleitet. Von Seiten der Schule gibt es immer wieder Lernaufgaben für die Praxis und Praxisbesuche. „So baut sich über drei Jahre eine vertrauens- und respektvolle Beziehung zwischen den Studierenden, der Praxisanleitung und der betreuenden Lehrkraft auf, die die individuelle Förderung in den Mittelpunkt stellt.“, erklärt Steffi Gijsbertsen, Leiterin des Bildungsgangs der Fachschule für Sozialpädagogik. 

Für Silvia Otten war die Zeit an der Fachschule auch ein persönlicher Gewinn: „Ich habe eine hohe Belastbarkeit entwickelt und mich persönlich weiterentwickelt. Durch meine Erfahrung bin ich heute deutlich gefestigter in meinem beruflichen Selbstverständnis und habe viel fürs Leben gelernt. Vor allem der Perspektivwechsel auf die Entwicklung und das Verhalten von Kindern und Jugendlichen war spannend.“ Nach drei Jahren hat sie nun die Ausbildung abgeschlossen und wird als Vollzeitkraft in der Kita „Sonnenschein“ in Rees arbeiten. Ihr Fazit: „Es hat sich gelohnt, aus der Komfortzone herauszugehen. Ich komme endlich gut gelaunt von der Arbeit nach Hause und ziehe aus der Wertschätzung der Kinder so viel Energie.“

Mit ihr hat auch Mandeep Singh die Umschulung begonnen. Anders als Otten ist er aber nach einigen Umwegen wieder zu seinem ursprünglichen Traumberuf zurückgekehrt. Der 30-Jährige hat nach seinem Fachabitur, was er bereits im sozialpädagogischen Bereich am Berufskolleg gebaut hat, als Berufskraftfahrer und in der elterlichen Gastronomie gearbeitet sowie eine Auszeit für die Pflege seiner Mutter genommen. „Ich habe mich an mein Jahrespraktikum im Kindergarten damals erinnert und realisiert, dass das mein Weg ist. Die Arbeit mit Kindern ist facettenreich und es ist ein schönes Gefühl, sie positiv in ihrer Entwicklung beeinflussen zu können. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.“ Singh lobt die Atmosphäre am Berufskolleg und die Dynamik in der Klasse: „Es gab eine große Altersspanne, aber wir haben gegenseitig voneinander gelernt und ich konnte meine jüngeren Mitschülerinnen bei Motivationslöchern mitreißen. Das wertschätzende Miteinander – auch von Seiten der Lehrkräfte – nehme ich mit.“ Auch wenn Singh nach Abschluss der Ausbildung noch keine Stelle hat, ist er optimistisch: „Als Mann bin ich in dem Berufsfeld eine Rarität und freue mich meine Kompetenz und Empathie an einem neuen Ort einsetzen zu können.“ 

Beide betonen: „Wenn man merkt, dass etwas beruflich nicht passt, lohnt es sich auf jeden Fall, den Horizont zu erweitern und mutige Entscheidungen zu treffen, um sich selbst etwas Gutes zu tun.“

Text von Natascha Verbücheln, Foto von Steffi Gijsbertsen

Abteilung Sozialwesen