Kann man an Liebeskummer sterben? Die Kommentare unter einem Beitrag in den sozialen Netzwerken gehen weit auseinander. Der Tod des K-Pop-Stars ist rätselhaft. „Das geht nicht! Das Herz ist doch ein Muskel, der nicht brechen kann“, ruft Niklas. Sein Freund kontert: „Kaninchen können auch an Einsamkeit sterben. Deshalb soll man die nicht alleine halten.“ Die Diskussion hat begonnen; das Interesse der Schülerinnen und Schülern der Karl Kisters Realschule ist geweckt. In kleinen Gruppen erarbeiten sich die Jugendlichen nach und nach etwas über das Herz, den Blutkreislauf, die Stressreaktion und das seltene Broken-Heart-Syndrom. Dazu müssen Modelle angeschaut, das Mikroskop verwendet und mit einem Virtual-T-Shirt den Weg des Blutkreislaufs entdeckt werden. Eine besondere Unterrichtsstunde, denn statt sich mit physikalischen Gesetzen und Werkzeugen auseinanderzusetzen, verbringen sie gerade jeden Mittwochnachmittag am Berufskolleg Kleve und entdecken neue Berufsfelder.
An der Karl Kisters Realschule belegen die Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse ein zusätzliches Hauptfach, in dem auch Klassenarbeiten geschrieben werden. Ein mögliches Wahlfach ist Technik. „Die Schülerinnen und Schüler wählen ihr Schwerpunktfach bereits in der 6. Klasse. Es gibt immer Jugendliche, die merken, dass sie sich Technik anders vorgestellt haben oder sich ihre Interessen mit der Zeit ändern. Daher bin ich begeistert, dass wir die Kooperation mit dem Berufskolleg jetzt auf andere Bereiche ausweiten konnten“, freut sich Lehrer Hartmut Altena. Schon seit einigen Jahren kommt der Technik-Kurs in einem Halbjahr ans Berufskolleg, um hier praktisch auf einem professionellen Niveau arbeiten zu können. „Für uns bietet die Kooperation mit der Karl Kisters Realschule einerseits die Möglichkeit, Jugendliche von der Technik zu begeistern und unsere moderne Ausstattung sowie die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten vorzustellen. Es ist uns ein Anliegen, die Schüler*innen durch die Vermittlung von ausbildungsbezogenen Inhalten dazu zu animieren, sich einer Berufsausbildung unvoreingenommen zuzuwenden. Andererseits profitieren wir von dem schulübergreifenden und fachlichen Austausch. Wir empfinden die Zusammenarbeit als sehr ergiebig und zukunftsträchtig“, erklärt André Neyenhuys, Leiter der Abteilung Technik am Berufskolleg Kleve.
In diesem Jahr neu dabei waren auch Einblicke in Berufsfelder der Abteilung Gesundheit und Ernährung des Berufskollegs Kleve: Im schicken Übungsrestaurant haben die Jugendlichen Servietten gefaltet, Tische eingedeckt und Cocktails zubereitet; im Pflegeraum konnten die Aufstehhilfen ausprobiert und der Blutdruck gemessen werden. Ein Highlight für die Realschülerinnen und Schüler war der Kurs in der Profi-Küche von Fachlehrer Jörg Lourens. Hier haben sie als Team ein Drei-Gänge-Menü hergestellt und gemeinsam gegessen. In einer Kochnische hatten Lea und Lia die Aufgabe, Nussecken herzustellen. „Es macht viel Spaß und es ist toll, dass wir überall mal reinschnuppern können. Auf unsere Nussecken freuen wir uns besonders, weil wir die gerne essen. Außerdem ist es cool, mal in so einer großen Küche zu arbeiten.“ Konzentriert und gewissenhaft verfolgen die beiden Freundinnen das Rezept und wiegen die Butter exakt ab, damit auch nichts schief geht. Der Teig ist ihnen schon einmal gut gelungen. Dafür gibt es auch direkt ein Lob vom Fachlehrer. Neben den Nussecken haben die Schülerinnen und Schüler an einem Nachmittag Salate, Focaccia, Kürbiscremesuppe, selbstgemachte Nudeln und Hefegebäck hergestellt und so gelernt, wie wichtig Arbeitsteilung und Teamarbeit in der Küche ist. Am Ende bekamen alle ein Heftchen mit allen Rezepten, um sie Zuhause nachkochen zu können.
So abwechslungsreich und lecker die zusätzlichen Kurse waren, viele der Realschülerinnen und -schüler haben sich vor allem auf die Workshops in der Technik gefreut, da sie sich dafür interessieren und ihr Vorwissen einbringen können: Hier wurden vielfältige Einblicke in die Fachbereiche Holz-, Metall-, Kfz- und Elektrotechnik geboten. Es wurde geschraubt, gebohrt, gebaut und gelasert.
Bei der Erstellung eines Mehrzweckkästchens oder eines Steckspiels konnten die Schüler*innen ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen und dabei so einige praktische Tricks von Holztechnik-Lehrer Thomas van Laak erhaschen. Nach dem eigenständigen Fasen, Verleimen und Schleifen wurden die erstellten Modelle schließlich mittels modernster Lastertechnik durch Wunschmotive individualisiert und personalisiert. Hierbei konnten die Jugendlichen ihrer Kreativität freien Lauf lassen. „Ich finde Holztechnik gut, weil man aktiv etwas bauen und das anschließend auch benutzen kann“, erklärt der 15-jährige Philip. Michelle (14) erfreut sich ebenfalls daran, was man alles Schritt für Schritt aus einem Stück Holz herstellen kann. Der Workshop habe sie noch einmal in ihrer Entscheidung bestärkt, das anstehende Schülerpraktikum in einer Schreinerei zu absolvieren.
Spannende Einblicke bot ebenfalls der Workshop in der Metallwerkstatt unter der Anleitung von Reimund Arts. Nach Vorlage einer detailgetreuen Zeichnung erstellten die Schülerinnen und Schüler eigenständig Werkstücke, wie zum Beispiel einen Kapselheber. Für Begeisterung sorgte besonders die Möglichkeit der Individualisierung mittels Schlagbuchstaben. Passend zur Jahreszeit wurde darüber hinaus in der schuleigenen Kfz-Werkstatt ein Wintercheck durchgeführt. Die Jugendlichen nahmen vor Ort einen Reifenwechsel vor und kontrollierten beispielsweise den Reifendruck oder den Ölstand. Im Zuge des Elektrotechnik-Workshops konnten die Schüler*innen mithilfe eines Elektromotorbausatzes ein komplexes Modell zum Leben erwecken. Die Jugendlichen staunten nicht schlecht, als sie den Elektromotor nach korrekter Anwendung des Versuchsaufbaus zum Laufen brachten.
Übrigens: Niklas hatte nicht ganz unrecht. Extreme emotionale Belastungen können zwar dazu führen, dass die Stressreaktion überschießt. Dann wird unter anderem zu viel Adrenalin ausgeschüttet und die Herzfunktion gerät außer Kontrolle – ähnlich wie bei einem Herzinfarkt. Nur in sehr selten Fällen tritt dieses so genannte Broken-Heart-Syndrom auf und ist, wenn schnell reagiert wird, gut behandelbar.
Text und Fotos von Pia Hünnekes und Natascha Verbücheln
Abteilungen Gesundheit & Ernährung und Technik