In der zweiten Etage des MINT-Gebäudes herrscht wieder reges Treiben: Kinder in weißen Kitteln und Schutzbrillen beleben die Fachräume. Im Forscherkolleg for Kids wird geplant, beobachtet, getestet, programmiert und vor allem gestaunt – zusammen mit angehenden Erzieherinnen, Abiturienten und Fachlehrkräften des Berufskollegs Kleve. Die Grundschülerinnen und Grundschüler aus Kranenburg, Kleve und Goch sind begeistert. Genauso wie auch eine Fachjury, die das Forscherkolleg jetzt prämiert hat.
Das Berufskolleg Kleve und das angegliederte Schülerforschungszentrum haben ein Konzept entwickelt, wie man Kinder systematisch an das wissenschaftliche Arbeiten heranführt und für die MINT-Fächer begeistert: Im Forscherkolleg führen junge Schülerinnen und Schüler verschiedene Experimente durch und erhalten dabei erste Einblicke in das Denken und Arbeiten von Forscherinnen und Forschern in den Bereichen Mathematik, Informatik, Biologie, Chemie, Physik und Technik. Bei der Auftaktveranstaltung geht es darum, die MINT-Fächer mit kleinen Experimenten mithilfe von Kraken – den Symbolfiguren des Forscherkollegs - vorzustellen und die Neugierde der Kinder zu wecken: Kann es unter Wasser eigentlich brennen? Wie intelligent sind Kraken wirklich? Mit welchem Antrieb können Autos fahren? In weiteren vier Anschlussveranstaltungen werden die Kinder dann mit der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung und dem Methodenlernen vertraut gemacht: Fragen stellen, Hypothesen bilden, Experimente planen, durchführen und auswerten. „In unserem Projekt soll das Methodenwissen, das Wissen hinter dem Tun, explizit vermittelt werden, indem wir es zum Lerninhalt machen. An einem Tag liegt der Schwerpunkt beispielsweise darauf, Forscherfragen zu formulieren; ein anderes Mal geht es um das Bilden einer Hypothese. Als Voraussetzung für das Methodenlernen dienen spannende Experimente, welche die Kinder selbst durchführen“, erklärt Erwin Dribusch, MINT-Koordinator am Berufskolleg Kleve.
Vorbereitet haben das Projekt Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs, die geeignete kindgerechte Experimente entwickelt haben und dabei selbst Expertinnen bzw. Experten in der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung wurden. „In dem Kurs sind Schülerinnen und Schüler verschiedenster Bildungsgänge und Abteilungen, die aus Interesse diesen Kurs belegt haben – einige sind in der Erzieherinnen-Ausbildung, andere auf dem Weg zum Abitur oder interessiert an MINT-Themen. Sie lernen nicht nur selbst die Methoden der Erkenntnisgewinnung kennen, sondern erwerben auch didaktisches Wissen, wenn sie Inhalte reduzieren und den Ablauf der Workshops planen“, sagt Dribusch. Gerade der Input der angehenden Erzieherinnen und Erzieher sei sehr wertvoll für die Ausgestaltung gewesen. Dr. Sven Baszio von der Stiftung Jugend forscht fasste das Konzept in seiner Laudation so zusammen: „Das übergeordnete Ziel dieses beachtlichen Projekts liegt in der frühzeitigen MINT-Förderung, in der grundschulgerechten Vermittlung von Grundlagen der Erkenntnisgewinnung, im Wecken von Interesse für forschendes Lernen und im Peer-to-Peer-Learning.“
Mit dem LeLa-Preis werden jedes Jahr herausragende Leistungen von Schülerlaboren in Deutschland in verschiedenen Rubriken gewürdigt. Der Verein „LernortLabor - Bundesverband der Schülerlabore e.V.“ vertritt außerschulische Lernorte und wird unter anderem vom Forschungsministerium gefördert. Der dritte Preis in der Rubrik „Innovative Schülerforschungszentren“ ist für Dribusch eine große Ehre: „Wir haben erst seit einem Jahr mit der Fertigstellung des neuen MINT-Gebäudes am Berufskolleg und den top ausgestatteten Fachräumen die Möglichkeiten, auf diesem Niveau zu arbeiten.“ Trotz der jungen Geschichte des Schülerforschungszentrums Kleve war sich die Fachjury einig. Baszio begründete in der Laudatio die Auswahl des Forscherkollegs so: „Häufig steht der Erwerb von Fachwissen im Vordergrund. Dieses Projekt betont hingegen bewusst den Erkenntnisprozess. So geht es hier nicht um eine reine Umsetzung von Versuchsvorschriften. Vielmehr müssen sich die Tutor*innen bewusst mit dem Weg dem Prozess der Erkenntnisgewinnung auseinandersetzen. Die gemischten Tutor*innenengruppen aus unterschiedlichen Bildungsgängen bringen verschiedene Kompetenzen mit und lernen sehr voneinander. Grundschüler*innen sorgen für einen Austausch auf allen Ebenen der schulischen Bildungskette. Und die Verbindung von formeller mit informeller Bildung sorgt für kreative Erlebnisse und wirkt stark motivierend sowohl für Tutor*innen als auch die Teilnehmenden. Wir wünschen dem Projekt weiterhin viel Erfolg und sind gespannt, wie es sich weiterentwickelt.“ Auch Schulleiter Peter Wolters freut sich über die Auszeichnung und lobt alle Beteiligten: „Im Projekt werden Kompetenzen aus verschiedensten Bereichen kombiniert. Sowohl unsere eigenen Schülerinnen und Schüler als auch die teilnehmenden Kinder lernen hier in einem spannenden MINT-Kontext methodische Kompetenzen.“
Text von Natascha Verbücheln, Fotos von Natascha Verbücheln und einer Schülerin des Berufskollegs