Propaganda im Netz

Die sozialen Netzwerke sind für Jugendliche ein zentraler Informationsgeber. Auch über den Ukraine-Krieg finden sie hier täglich zahllose Meinungen und Meldungen. Wie diese eingeordnet und auf Glaubwürdigkeit überprüft werden können, haben rund 180 Schülerinnen und Schüler jetzt in einem Projekttag gelernt.

Die Schülerinnen und Schüler recherchierten im Netz nach historischen Beispielen, wie Medien zur Legitimation von Kriegen verwendet werden.

Die Schülerinnen und Schüler recherchierten im Netz nach historischen Beispielen, wie Medien zur Legitimation von Kriegen verwendet werden.

Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit. So lautet ein viel zitierter Ausspruch, der mit dem Beginn des Ukraine-Krieges wieder hochaktuell geworden ist. Die Massenmedien, das Internet und die Sozialen Medien sind voll mit Nachrichten, Fotos und Videos von den Kriegsgeschehnissen. Oftmals sind die Informationen widersprüchlich. Die Fragen, die sich viele zurzeit stellen: Was ist eigentlich wahr? Wem kann ich vertrauen? Woran erkenne ich ideologische Aussagen, subjektive Sichtweisen oder gar manipulierte Fotos?
Die Klassen der Beruflichen Gymnasien sowie die Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule Kinderpflege haben sich jetzt in einem Projekttag der Akademie Klausenhof mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Am aktuellen Beispiel des Ukraine-Kriegs haben sie die Ereignisse historisch eingeordnet, Informationen objektiv auf ihre Glaubwürdigkeit bewertet und Äußerungen in den Sozialen Medien analysiert. „Durch das Netz schwimmen so viele Gerüchte, die man einordnen muss. Wir wollen die Rolle der sozialen Medien mit den Schülerinnen und Schülern genauer betrachten und sie fit darin machen, welchen Materialien man vertrauen kann“, sagt Mandy Stalder-Thon, Bildungsreferentin bei der Akademie Klausenhof.
Zunächst haben die Schülerinnen und Schüler einen Zeitstrahl entwickelt, der die wichtigsten Ereignisse in der näheren Geschichte aufführt, die letztendlich zum Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine im Februar dieses Jahres geführt haben. Die Bedeutung dieser „Meilensteine“ besprach Willi Esau mit den Schülerinnen und Schülern, die im Geschichtsunterricht bereits über die Majdan-Revolution, die Krim-Annexion und die Referenden im Donbass gesprochen hatten. Dabei wurde schnell deutlich, wie komplex die Zusammenhänge sind und wie weit die Konflikte zurückreichen. „Es gibt eine lange Vorgeschichte, in der die Ukraine immer wieder vor die Frage gestellt wurde, wie sehr sie russisch oder europäisch sein will“, so Esau, der die Ereignisse auch rechtlich einordnete: So könne sich ein Gebiet – wie in Luhansk und Donezk geschehen - nicht einfach mit einem kurzfristig angesetzten Referendum, ohne internationale Beobachter und mitten im Bürgerkrieg als unabhängig erklären. Auch die Begründung, die Ukraine von Neonazis befreien zu wollen, sollte hinterfragt werden: „In der Ukraine gibt es stark rassistische Gruppierungen, aber diese haben keine Mehrheit, weder in der Bevölkerung noch in der Politik.“ Im Internet haben die Schülerinnen und Schüler die Rolle der NATO bei Kriegen recherchiert und Beispiele gefunden, wie Medien bereits in der Vergangenheit benutzt wurden, um Kriege zu rechtfertigen oder die eigene Sichtweise zu propagandieren.
Ausgehend von den Internetseiten, auf denen die Schülerinnen und Schüler recherchiert haben, haben sie sich dann der Frage genähert, was verlässliche Quellen im Netz sind und woran man sie erkennt. Dass das kein einfaches Unterfangen ist, macht Stalder-Thon deutlich: „Jedes Foto ist immer mit einer Intention gemacht und zeigt nur einen Ausschnitt. Wie wird es in den Nachrichtenkontext eingebettet? Was zeigt das Motiv vielleicht auch nicht? All das lässt sich durch uns nur schwer bewerten.“ Umso wichtiger sei es, sich hier auf vertrauenswürdige Quellen zu verlassen. Gerade Äußerungen in den sozialen Netzwerken, in denen Einzelmeinungen große Reichweite erlangen können, sind das oftmals nicht. Auch werden sie bewusst genutzt, um gezielt Desinformation oder Verschwörungstheorien zu verbreiten. Das Ziel: Zweifel an Regierungsentscheidungen zu verstärken und das Vertrauen in demokratische Strukturen zu erschüttern, um eine Gesellschaft insgesamt zu destabilisieren. Dies funktioniert oft so gut, weil Menschen das Bedürfnis haben, komplexe Problemlagen zu vereinfachen, und dazu neigen, Feindbilder zu kreieren. Was dagegen hilft? Die Schülerinnen und Schüler äußern, dass es wichtig sei, über die Hintergründe informiert zu sein, zum Beispiel, indem aktuelle Themen im Unterricht behandelt würden. Auch sollte man nicht alles glauben, was im Internet steht, betonte eine Schülerin. Ein Tipp von Esau und Stalder-Thon: Wenn man sich unsicher ist, ob eine Quelle verlässlich ist, kann man Faktenchecker im Netz verwenden, zum Beispiel den SWR Fakefinder oder CORRECTIV.Faktencheck.
Christoph Zabel, schulweiter Vorsitzender des Fachs Gesellschaftslehre mit Geschichte, ist zufrieden mit dem Projekttag und hofft, dass die Schülerinnen und Schüler etwas für ihr eigenes Informationsverhalten mitgenommen haben: „Quellen zu hinterfragen und auf Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen sind wichtige Kompetenzen für unser demokratisches Zusammenleben. Mit diesem Projekttag konnten wir die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine aufarbeiten und gleichzeitig wichtige Fähigkeiten trainieren.“

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Text und Fotos von Natascha Verbücheln