Alternative Berufskolleg – Vielfalt als System

In Vorträgen, Rundgängen, Demonstrationen, auf Plakaten und vor allem in Gesprächen haben sich die Vollzeitbildungsgänge des Berufskollegs beim Infotag Besuchern und interessierten Jugendlichen vorgestellt. Die Vielfalt und Größe wurden dabei allen deutlich; aber auch die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben.

 Individuelle Beratungsgespräche stehen traditionell im Mittelpunkt am Berufskolleg Kleve. Um den richtigen Weg für sich zu finden, bedarf es oft, die richtigen Fragen zu stellen.

Individuelle Beratungsgespräche stehen traditionell im Mittelpunkt am Berufskolleg Kleve. Um den richtigen Weg für sich zu finden, bedarf es oft, die richtigen Fragen zu stellen.

„Geld macht einfach Spaß.“ Dass ihm auch die Fächer VWL und BWL Spaß machen, merkt man Sahin sofort an. Seit diesem Sommer besucht er die Höhere Handelsschule und erzählt, was er in den letzten Monaten schon gelernt hat. Betriebswirtschaftslehre sei dabei fast wie eine neue Fremdsprache. Aber sein Mitschüler Masum beruhigt die Zuhörerinnen und Zuhörer, die nach einer allgemeinen Information durch Bildungsgangleiter Michael Henke bei einem Rundgang einen Einblick in den Unterricht in der Höheren Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung gewinnen: „Hier starten erst einmal alle gleich.“ Dass man nicht allein die Neue in der Klasse ist, sondern alle neu an der Schule sind, hat auch Jana und Xenia bei ihrem Wechsel ans Berufskolleg Kleve gut gefallen. Die beiden besuchen das Berufliche Gymnasium für Wirtschaft und Verwaltung und werden im nächsten Jahr ihr Abitur machen. In ihrem Leistungskurs Englisch, den sie in der 12. Klasse gewählt haben, geht es immer wieder um ökonomische Themen. Ein guter Grund für Finn, sich über diesen Bildungsgang zu informieren. Ob er später eine Ausbildung machen oder studieren will, weiß er noch nicht. Aber er interessiert sich für wirtschaftliche Zusammenhänge – und mit dem Abitur stehen ihm alle Wege offen.

Beim diesjährigen Infotag haben sich die Bildungsgänge des Berufskollegs Kleve auf unterschiedlichste Weise vorgestellt. Über das gesamte Schulgelände konnte gesprochen, gestaunt, besichtigt oder ausprobiert werden. Vor allem die Rundgänge der Abteilung Technik durch das neue MINT-Gebäude, die hochwertig ausgestatteten Fachräume und Werkstätten waren sehr beliebt bei den Besuchern und Röntgenstrukturanalysen, Industrieroboter, Lasergravur- oder Wärmemesstechnik führten oft zu erstaunten Blicken.Schüler Alexander war von der Ausstattung fasziniert und schaute sich alles genau an. Vor allem die Roboter und die gewaltige CNC-Fräse, die Metall von fünf verschiedenen Seiten bearbeiten kann, haben ihn begeistert. „Ich interessiere mich für alles im Bereich Technik und Informatik. Da ich noch nicht genau weiß, was ich nach der 10. Klasse machen will, ist dieser Einblick hier spannend. Ich nehme viele Ideen mit.“ Auch im naturwissenschaftlichen Trakt, in dem sich die Leistungskursfächer Biologie und Gesundheitswissenschaften der Beruflichen Gymnasien, aber auch das Schülerforschungszentrum der Schule präsentierte, bot einige Erlebnisse: Schaum-Explosionen, Krankheitserreger unter dem Mikroskop, Rennen mit solarbetriebenen Lego-Autos, sezierte Herzen und isolierte DNA aus Tomaten. 

Nicht so turbulent, aber genauso bunt und informativ präsentierten sich auch die anderen Abteilungen. Die Internationalen Förderklassen zeigen mit Hilfe von kreativ gestalteten persönlichen Steckbriefen die Vielfalt der zugewanderten Schülerinnen bzw. Schüler und damit die Vielfalt unserer Schule und Gesellschaft auf. Der Fachbereich Ernährung der Abteilung Gesundheit und Ernährung bot zur Stärkung saftige Waffeln, süßen Eierlikör- und Kirschkuchen an. In der Abteilung Sozialwesen stellten sich die Bildungsgänge der Fachoberschule für Gesundheit und Soziales, der Fachschule für Sozialpädagogik und der Berufsfachschule für Kinderpflege vor. In individuellen Beratungsgesprächen wurden die Fragen der Interessentinnen und Interessenten gezielt beantwortet. Hier war beispielsweise die dreijährige praxisintegrierte Ausbildung (PiA) in der Fachschule für Sozialpädagogik oder die Struktur sowie die Bedeutung des Jahrespraktikums in der Fachoberschule für Gesundheit und Soziales (FOS) von Interesse. Ebenso weckte auch die berufspraktisch ausgerichtete Ausbildung der Kinderpflege, welche sowohl als eigenständiger Berufsabschluss als auch als Vorbereitung für die fachschulische Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher dient, das Interesse des Publikums. Schulleiter Peter Wolters freute sich über das Engagement seines Kollegiums: „Die Einsatzbereitschaft unserer Kolleginnen und Kollegen mit ihren Schülerinnen und Schülern hat sich ausgezahlt: Das Interesse unserer zahlreichen Gäste traf so auf eine sehr gute Präsentation unserer vielfältigen Bildungsangebote. Die mitgebrachten Fragen und intensiven Informationsgespräche zeigen, dass die Menschen in unserer Region den Wert beruflicher Bildungschancen zu schätzen wissen.“ 

Im Mittelpunkt des Infotags standen traditionell individuelle Beratungsgespräche mit Eltern und Jugendlichen. Das Team der Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer sowie Ansprechpartnerinnen für alle Abteilungen haben sich zentral im Foyer des Hauptgebäudes platziert, um von Beginn an bei der Orientierung im System Berufskolleg zu unterstützen. „Ich habe viele anregende Gespräche geführt. Es ist spannend zu sehen, wie sich dabei Wünsche konkretisieren können. Wenn wir dann verschiedene Möglichkeiten vorstellen, die dazu passen, beginnt sich ein Bild von der eigenen Zukunft zu formen“, schildert Karsten Verheyen, Leiter der Stabstelle Beratung und Schulkultur. Das Berufskolleg ist eine echte Alternative für alle Schülerinnen und Schüler nach der Sekundarstufe I, da hier alle schulischen Abschlüsse erworben werden können. Parallel wird immer berufliches Wissen im fachpraktischen Unterricht vermittelt. Um in dieser Vielfalt der Angebote den passenden Bildungsgang zu finden, legt das Berufskolleg Kleve seit jeher großen Wert auf die Beratung. Die Schülerin bzw. der Schüler steht dabei im Vordergrund: Wie stellt sich der Jugendliche sein Leben vor? Welches berufliche Ziel soll erreicht werden? Welche Weichen können dafür gestellt werden? Wie ist die Ausgangslage? Für Schülerinnen und Schüler, die schon ungefähr wissen, welche berufliche Richtung sie einschlagen wollen, lohnt sich zum Beispiel der Besuch einer der (Höheren) Berufsfachschulen. So wie Dasha Kersjes. Die Zehntklässlerin möchte medizinische Fachangestellte werden oder in einem anderen Beruf im Gesundheitswesen arbeiten: „Ich habe großes Interesse an gesundheitlichen und medizinischen Themen, daher überlege ich im Sommer ans Berufskolleg zu wechseln.“ Zusammen mit ihrer Mutter hat sie sich daher über die Höhere Berufsfachschule Gesundheit & Soziales informiert. Hier erwartet sie ein sechsstündiger Leistungskurs im Fach Gesundheitswissenschaften sowie weitere berufsbezogene Fächer. In zwei Jahren könnte Dasha hier die Fachhochschulreife erwerben, um dann in eine höher qualifizierte Ausbildung zu wechseln. Oder sie steigt in die Qualifikationsphase des Beruflichen Gymnasiums Gesundheit ein und baut ihr Vollabitur. „Meine Schwester hat hier ihr Abitur gemacht. Ich möchte aber erst einmal mein Fachabitur machen und kann dann ja schauen, wie es weitergeht“, sagt Dasha. Die Durchlässigkeit des Systems macht es möglich und eröffnet den Jugendlichen weitere Optionen, wenn sich die beruflichen Wünsche konkretisieren oder ändern. 

Informationen zum Angebot unter www.berufskolleg-kleve.de/bildungsmöglichkeiten

 

Text von Stefanie Daams, Diane Kaplan, Johannes Menrath und Natascha Verbücheln, Fotos von Johannes Menrath und Schülerinnen und Schülern des Differenzierungskurses „Public Relation“ im Beruflichen Gymnasium