Internationale Steuerberatung am Berufskolleg

Angehende Steuerfachangestellte lernen in einem Zusatzkurs, wie niederländische Mandanten in Deutschland besteuert werden oder worauf Deutsche achten müssen, die in den Niederlanden arbeiten. Drei Experten für internationales Steuerrecht haben anhand von Praxisbeispielen Vokabeln und Vorgehensweisen vermittelt.

Die angehenden Schülerinnen und Schüler haben hochkonzentriert mitgearbeitet, Rechtsvorschriften durchgeblättert und viel gelernt. Die zahlreichen bunten Markierungen in der Rechtsvorschrift einer Auszubildenden verdeutlichen dies.

Die angehenden Schülerinnen und Schüler haben hochkonzentriert mitgearbeitet, Rechtsvorschriften durchgeblättert und viel gelernt. Die zahlreichen bunten Markierungen in der Rechtsvorschrift einer Auszubildenden verdeutlichen dies.

Peter G. arbeitet in Emmerich, wohnt aber direkt hinter der Grenze in den Niederlanden. Darf Peter nach deutschem Recht besteuert werden oder gilt hier das niederländische Gesetz? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil sie internationales Steuerrecht betrifft. Es ist aber eine Frage, die in den Kanzleien der Steuerberater u. -beraterinnen im Kreis Kleve immer wieder auftaucht. Daher haben 20 angehende Steuerfachangestellte der kaufmännischen Berufsschule am Standort Goch jetzt in einem zweitägigen Differenzierungskurs von praxiserfahrenen Experten für internationales Steuerrecht gelernt, wie man sich der Beantwortung dieser Frage nähern kann. „Im Grenzgebiet gibt es steuerrechtliche Spezialfälle, die im normalen Ausbildungscurriculum zu kurz kommen. Daher stellen wir an Praxisbeispielen dar, wie schnell das Thema Besteuerung schwierig werden kann, wenn man nicht im gleichen Land arbeitet und wohnt. Das bietet den Auszubildenden einen echten Mehrwert, weil sie das Wissen direkt im Betrieb anwenden können“, erklärt Steuerberater Dr. Volker Klinkhammer von der ETL Heuvelmann & van Eyckels GmbH. Zusammen mit seinen Kollegen, Heinrich Jans und Volker Wein, hat er Praxisbeispiele vorbereitet, um diese mit den Auszubildenden der Mittel- und Oberstufe zu besprechen.
Der Exkurs in das internationale Recht gehört zu einem Differenzierungsangebot des Berufskollegs, um einige Themen praxisorientiert und authentisch vermitteln zu können. An vier Samstagen simulieren die Auszubildenden angeleitet von Steuerberaterinnen und Steuerberatern Mandantengespräche, erstellen Einkommenserklärungen in einer von Kanzleien oft verwendeten Software und führen eine Bilanzanalyse durch. „Für unsere Schülerinnen und Schüler ist es ein enormer Mehrwert, weil sie die gelernten Inhalte des Differenzierungskurses sofort in der Praxis anwenden können. Außerdem können wir als Berufschullehrkräfte Jahresabschlussgespräche mit Mandanten zum Beispiel nicht so authentisch simulieren, wie das die Steuerberaterinnen und Steuerberater machen“, sagt Silvia Schürmann, Bildungsgangleiterin der Steuerfachangestellten am Berufskolleg Kleve. Am Ende erhalten die Auszubildenen ein Zertifikat und eine Perspektive: „Vielleicht macht dem einen oder der anderen dieses Thema Spaß und trifft auf Interesse. Das kann dazu beitragen, die jungen Erwachsenen an den Beruf und an unsere Region zu binden“, glaubt Volker Wein von der Steuerberatungsgesellschaft KPP.
Beim ersten Termin ging es nicht um Simulationen, sondern als erstes um Vokabeln. „In jeder Kanzlei in unserer Region kann es passieren, dass die Auszubildenen niederländische Dokumente vorgelegt bekommen. Hier ist es oft wichtig, wenn das Dokument identifiziert und die Wichtigkeit richtig bewertet werden kann“, sagt Heinrich Jans, Steuerberater der NeD Tax in Kleve. Dazu lernen die Auszubildenen niederländische Rechtsbegriffe und Rechtsformen kennen, bevor sie sich mit den Rechtsvorschriften auseinandersetzen, die die internationale Besteuerung regeln. Hier erklärt Wein den angehenden Steuerfachangestellten ein dreischrittiges Verfahren: „Zunächst muss im nationalen Recht geprüft werden, ob inländische Einkünfte vorliegen. Wenn dies der Fall ist, muss dann nach internationalem Recht zunächst geklärt werden, welches Land jetzt überhaupt die Besteuerungsrechte innehat. Erst dann kann zum Beispiel die Höhe der Besteuerung nach nationalen Vorgaben ermittelt werden.“
Die angehenden Schülerinnen und Schüler haben hochkonzentriert mitgearbeitet, Rechtsvorschriften durchgeblättert und viel gelernt: „Ich habe im Betrieb häufiger Niederländer am Telefon. Oft geht es dann darum, ob sie hier steuerpflichtig sind. Dazu haben wir hier im Differenzierungskurs eine Vorgehensweise erarbeitet. Das hilft mir für die Arbeit sehr“, sagt Auszubildende Franka Bucksteeg. Auch Dominika Zmorka nimmt etwas in den Betrieb mit: „Ich habe heute einen Fall aus unserer Kanzlei verstanden, bei dem ich mit einem Kollegen auch mit den internationalen Vorschriften gekämpft habe. Wir sind falsch vorgegangen. Das werde ich direkt am Montag kommunizieren.“

Text und Fotos von Natascha Verbücheln
Abteilung Wirtschaft & Verwaltung